RUSALKA – Cottbus, Staatstheater

von Antonín Dvořák (1841-1904), Lyrisches Märchen in 3 Akten, Libretto: Jaroslav Kvapil; UA: 31. März 1901 Prag, National Theater

Regie/Bühnenbild: Ralf Nürnberger, Kostüme: Johannes Haufe

Dirigent: Evan Christ, Philharmonisches Orchester des Staatstheaters Cottbus

Solisten: Judith Kuhn (Rusalka), Jens Klaus Wilde (Prinz), Ingo Witzke (Wassermann), Carola Fischer (Hexe Ježibaba), Gesine Forberger (Fürstin), Jacek Strauch (Förster), Dirk Kleinke (Küchenjunge), Carla Frick (Erste Elfe), Annemarie Schlag (Zweite Elfe), Maria Schlestein (Dritte Elfe)

Besuchte Aufführung: 3. Oktober 2012 (im Rahmen der Festwoche 100 Jahre Philharmonisches Orchester)

Kurzinhalt

Die Nixe Rusalka erlangt mit Hilfe der Hexe Ježibaba die menschliche Gestalt, da sie sich in einen Prinzen verliebt hat. Der Preis dafür ist jedoch ihre Stimme, und sie kann nie wieder in das Unterwasserreich zurückkehren, wenn sie des Prinzen Liebe nicht erringt. Der Prinz verliebt sich in sie, doch, da sie in der Schloßgemeinschaft wie ein Fremdkörper scheint und sie nur verhalten seine Liebe erwidert, verstößt sie den Prinzen. Doch der Prinz bereut, und er sucht im Wald verzweifelt die Geliebte. Rusalka erlöst den Liebenden auf seine Bitte hin mit einem Todeskuß.

Aufführung

Noch bevor die Musik der in deutscher Sprache gehaltenen Aufführung einsetzt, tritt der Wassermann in Hausschuhen und Joppe vor den Vorhang und betrachtet nachdenklich ein Notenblatt. Dieses Stilelement durchsetzt die ganze Aufführung. So sehen die Protagonisten während ihres Gesanges immer wieder scheinbar geistesabwesend in vom Boden aufgelesene Notenblätter und singen von diesen ab. Die Bühne selber ist in allen drei Akten vom gleichen Aufbau geprägt. Dabei fällt der Blick in einen rückwärtig durchbrochenen Saal mit vergilbten Wänden. Eine geöffnete, hell erleuchtete Falltür im Boden symbolisiert den Nixenteich, eine schräg im Raum angeordnete, sich darin verlierende Leiter den Mondstrahl. Mit einer schlichten Tür, die beim Öffnen den Blick auf Elektro-Sicherungskästen freigibt, wird das Heim der Hexe angedeutet, während ein Klavierkorpus ohne Standbeine den Einstieg in den Abgrund widerspiegelt. Die Sänger selber sind ebenso schlicht gekleidet, wobei Rusalka im ersten Akt in einem Rollstuhl sitzt.

Sänger und Orchester

Allen voran durchschreitet Judith Kuhn als Rusalka mitreißend dramatisch die Wehen, welche das Zauberwesen durchleiden muß. Dabei gelingt ihr das Lied an den Mond mit pulsierend dynamischer Eindringlichkeit, gepaart mit strahlend getragener Leuchtkraft. Die von ihrem sich weit öffnenden Sopran sanft durchwebten lyrischen Passagen runden den Eindruck einer herausragend besetzten Titelpartie ab. Auch Jens Klaus Wilde (Prinz) gelingt es bisweilen stimmliches Feuer zu entfachen. Jedoch liegen seine Stärken eindeutig in den weniger durch Spitzentöne geprägten Passagen, da seine Stimme in diesen Bereichen schnell gepreßt wirkt und schmal ausläuft. Die Arie Wundersames Traumbild leidet so in den oberen Lagen unter starkem Volumenverlust und bei seinem letzten Auftritt wird der erzwungene Druckaufbau in den Höhen stark von fahlen Dissonanzen gestört. Der schlanke Baß von Ingo Witzke ist im Lied des Wassermanns von klarem Duktus geprägt, wobei man sich jedoch insbesondere in der unteren Tonlage mehr stimmliches Tiefenfundament und voluminöse Fülle wünschen würde. Carola Fischer zeigt auf der Bühne eindringlich eine Hexe, der man selber lieber nicht begegnen möchte. Auch gesanglich weiß sie mit kompakt gehaltener, farblich schillernde Stimmführung zu überzeugen, ebenso wie Sopranistin Gesine Forberger (Fürstin). Auffallend ist vor allem die starke Besetzung in den Nebenrollen. Hier seien insbesondere Carla Frick, Annemarie Schlag und Maria Schlestein als Elfen hervorgehoben, die mit ihrem Gesang zu verzaubern wissen. Jacek Strauch (Förster) besitzt zudem einen fulminant raumgreifenden Bariton, der mit erdiger Fülle aufhorchen läßt.

Das Philharmonische Orchester unter Evan Christ atmet Dvořáks Musik dynamisch mitreißend bis zum letzten Akkord. Da steigen vor dem geistigen Auge in den Bläsern die Nebel auf und Tanzen bei den Streichern die Elfen auf den böhmischen Lichtungen. Nur in den Tutti ist es bisweilen zu gut gemeint, denn hier übertönt zu stark akzentuiertes schrilles Blech die ansonsten warm eingebetteten Farbkompositionen.

Fazit

Die nüchtern-trocken und äußerst langatmig gestaltete Inszenierung ist durch ein Konglomerat scheinbar wahllos gewählter Stilmittel weder visionär zukunftsweisend, noch inspirierend märchenbetont. Ein beleuchtetes Loch als See, eine auf Theaterbühnen scheinbar omnipräsente in den Raum ragende Leiter und ein kahler Raum, der zugleich Wald und Schloß darstellen soll, besitzen weder eingängige Interpretationstiefe noch deutlich umgesetzte Märchenakzente. Regisseur Nürnberger hat somit alle dramatischen und in eine Parallelwelt eintauchenden Elemente der Märchenoper ausgeblendet und das Werk zu Tode seziert. Äußerst schade, denn vom Staatstheater Cottbus hätte man auf Grund der teilweise sehr guten Opern-Umsetzungen der letzten Spielzeiten mehr erwartet.

Dr. Andreas Gerth

Bild: Marlies Kross

Das Bild zeigt: Carola Fischer (Ježibaba), Judith Kuhn (Rusalka) und Ingo Witzke (Wassermann)

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