Schleswig Holstein Musikfestival: TURANDOT – Lübeck, Musik- und Kongreßhalle

von Giacomo Puccini (1858-1924), Musikdrama in drei Akten, Libretto: Guiseppe Adami und Renato Simoni nach Carlo Gozzi, Schlußduett und Finale vervollständigt von Franco Alfano, UA: 26. April 1926 Mailand, Teatro alla Scala

Dirigent: Keri-Lynn Wilson, NDR Radiophilharmonie, Schleswig Holstein Festival Chor Lübeck, Einstudierung: Sören Eckhoff, Mitglieder des sächsischen Staatsopernchores, Einstudierung: Pablo Assante

Solisten: Jennifer Wilson (Turandot), Thomas Michael Allen (Altoum),David Jerusalem (Timur), Marco Berti (Calaf), Iwona Sobotka (Liù), Konrad Jarnot (Ping), Hyojong Kim (Pang),Emilio Pons (Pong), Andrew Mahon (Mandarin), Berj Karazian (Prinz von Persien)

Besuchte Aufführung: 20. Juli 2012

Vorbemerkung

Die Eigentümlichkeit dieses Festivals, das 1986 von Justus Frantz gegründet worden war, ist der Tatsache geschuldet, daß die Spielstätten über ganz Schleswig Holstein, dem angrenzenden Dänemark, Hamburg und Niedersachsen verteilt sind. Die Aufführungsorte sind: Gutshäusern, Scheunen, Kirchen und Schloßparkanlagen. Der jährlich wechselnde Länderschwerpunkt ist in diesem Jahr China. Höhepunkte sind ein Gastspiel der China National Peking Opera Company mit der einzigartigen Peking Oper und das Konzert des chinesischen Starpianisten Lang-Lang.

Die 138 Konzerte finden an 77 Orten statt. 136.000 Eintrittskarten stehen zur Verfügung sowie ein Etat von 7,78 Millionen Euro. Das Kultusministerium der Volksrepublik China und das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland gehören zu den Förderern.

Kurzinhalt

Seit langer Zeit werden alle Bewerber um die Prinzessin Turandot geköpft, weil sie die ihnen gestellten Rätsel nicht lösen können. Doch dann taucht der Prinz Calaf auf, der nicht nur die drei Fragen erfolgreich beantworten kann. Dennoch verweigert sondern Turandot ihre Einwilligung ihn zu heiraten. Daraufhin stellt er ein Rätsel auf: sie soll seinen Namen erraten. Das schafft sie nicht, doch Liù, die Sklavin seines Vaters, die ihn liebt, ersticht sich, um dadurch sein Geheimnis zu wahren. Letztlich verrät er Turandot sogar seinen Namen, weil er die Verbindung mit ihr nicht erzwingen will und erreicht, daß Turandot öffentlich bekennt, daß sie ihn liebt.

Sänger und Orchester

In dieser Oper findet sich das größte Orchester, das Puccini jemals einsetzte. Dementsprechend war die NDR Radiophilharmonie besonders ausgestattet: über dem Orchester in der Empore spielten elf zusätzliche Bläser, unten gab es neben zwei Harfen eine Vielzahl von Schlaginstrumenten wie chinesische Gongs und Glocken.

Der über einhundert Sänger umfassende Chor gab nicht nur den frenetischen Chören der rasenden Menge den passenden Ausdruck, sondern schaffte in der Übernahme einzelner Rollen (Knabenchor, Kammerfrauen, Henkersknechte, drei Masken)eine geheimnisvolle, bedrohliche oder auch liebliche Atmosphäre. Vereint wurde die internationale Musikergruppe durch das engagierte und alle Worte mitformulierende Dirigat der Kanadierin Ken-Lynn Wilson, die für die Chinesin Zhang Xian eingesprungen war.

Obwohl es eine konzertante Aufführung war, benutzten alle Solisten keine Noten mit Ausnahme von Ping, Pang, Pong. Für den Tenor Alfred Kim (Calaf) sang mit klangschönem Tenor Marco Berti. Die polnische Sopranistin Iwona Sobotka sang die Rolle der Liù mit anrührender Stimme.

Der amerikanische Sopranistin Jennifer Wilson gelang es mit ihrer stimmlichen Dramatik den Charakter der eiskalten Prinzessin durch „häßliches“ Singen wiederzugeben. Das ist ein ebenso großes Kunststück wie die Tatsache, daß ihre Stimme sogar das Riesenorchester überlagern konnte.

Fazit

Der musikalisch beeindruckenden Aufführung fehlte ein wenig das Salz in der Suppe, da die

Sänger mit Ausnahme von Jennifer Wilson kaum zu Mimik und Gestik bereit waren, womit sie den einzelnen Charakteren ein wenig mehr Lebendigkeit hätten geben können. Nichtsdestotrotz erfaßte der Klangrausch die mit ca. 1900 Menschen ausverkaufte Musikhalle, was einen langanhaltenden Beifallssturm zur Folge hatte.

 

Lüneburg, St. Michaeliskirche

Konzert Bejun Metha, Counter, 30. Juli 2012

Konzertprogramm aus Opern von Georg Friedrich Händel (1685-1759)

Im Wechsel zwischen Gesang und Orchesterstücken verlief der Abend mit dem Freiburger Barockorchester ungeheuer mitreißend. Petra Müllejans dirigierte und interpretierte die solistischen Teile als erste Geigerin. Sie dirigierte das Orchester mit gezielten Körperbewegungen. Unter den zahlreichen Höhepunkte dieses Konzerts und der großen Spielfreude aller Instrumentalisten sei das Concerto Grosso g-Moll op.6 Nr. 6 HWV 324 und die Sinfonia Inferno aus Admeto, Re di Tessaglia im zweiten Teil des Abends erwähnt. Beide bereiteten einen nachhaltigen Eindruck.

Früher wurden Arien der Barockoper von Kastraten gesungen und für einen bestimmten Sänger komponiert. So waren die für dieses Konzert ausgesuchten Arien überwiegend dem Alt-Kastraten Senesino (Francesco Bernardi, 1686-1758) gewidmet. Hier wurden sie von dem Countertenor Bejun Metha (Sohn des Cousins von Zubin Metha) interpretiert, der die unterschiedlichen emotionalen Färbungen der Kompositionen spannungsvoll ausdrücken konnte, die koloraturreichen Teile gut bewältigte und im zweiten Teil des Konzerts mit zwei Arien aus Radamisto und Orlando sich noch deutlich in seiner Stimmintensität steigerte.

Ein ebenso begeisterter Beifallssturm brach am Ende des Konzertes mit Barockmusik für den Countertenor Bejun Metha und das Freiburger Barockorchester los, als das Publikum der bis auf den letzten Platz der Zusatzbestuhlung ausgefüllten St. Michaeliskirche einen weiteren Höhepunkt des Schleswig Holstein Musikfestivals bejubelte.

Carola Jakubowski

Bild: Pianist Lang Lang, Kultmünchen  und Bejun Metha, Barbara Zeininger

 

 

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