Bad Hersfeld, Oper in der Stiftsruine

Der Barbier von Sevilla

von Gioachino Rossini (1792-1868). Melodramma buffo in 2 Akten, Libretto: Cesare Sterbini nach Beaumarchais’ Le Barbier de Séville, deutsche UA 20. Februar 1816 in Rom, Teatro Torre Argentina

Regie: Hugo Wieg, Kostüme: Ute Krajewski,

Dirigent: Georg Christoph Sandmann, Orchester: Virtuosi Brunensis, Chor: Hersfelder Festspielchor

Solisten: Johannes Wollrab (Barbier), Teresa Smolnik (Rosina), Riccardo di Francesco (Dr. Bartolo) Florian Kresser (Don Basilio),

Stephan Scherpe (Graf Almaviva), Iris Stefanie Maier (Berta) u.a.

Besuchte Aufführung: 11. August 2011 (Premiere, deutscher Textrevision: Gertrud Scheumann)

Der Inhalt dürfte bekannt sein. Man kann ihn außerdem in zahlreichen Rezensionen des OPERAPOINT finden

Aufführung

Auch bei dieser Inszenierung gibt es nur wenige Kulissen – ein gerüstähnlicher Aufbau an einer Säule dient als Wohnung,  einschließlich eines Balkons von Dr. Bartolos Haus. Ein fahrbarer Wagen wird zum später feststehenden Laden des Figaro an der anderen Säule der Bühne. Figaros allgegenwärtige Bereitschaft, überall Strippen zu ziehen wird unterstrichen durch das Fahrrad, mit dem er bei seinem ersten Auftritt auf die Bühne radelt. Es kommt im Lauf der Handlung noch mehrmals zum Einsatz. Die Begleiter des Grafen Almaviva, die ihn bei seinem ersten Ständchen in den frühen Morgenstunden unterstützen, treten mit einer LED-Taschenlampe auf. Berta trägt bei ihrer Arbeit knallgelbe Gummihandschuhe, dies ist aber wohl mehr als Gag denn als zeitgenössische Inszenierung zu verstehen, denn Kostüme, Uniformen und Frisuren sind eher zeitlos zu nennen, es wird nichts in die Geschichte hineingedeutelt.

Sänger und Orchester

Die Virtuosi Brunensis, die am Tag zuvor noch Smetanas Verkaufte Braut kongenial begleiteten, waren im italienischen Fach ebenso sicher. Das Ensemble besteht aus Mitgliedern des Orchesters der Janácek-Oper und der Philharmonie Brünn sowie anderer Orchesterr der Tschechischen Republik.

Alle Sängerrollen waren hervorragend besetzt. Schauspielerisch und stimmlich ist Johannes Wollrab hervorzuheben, der einen liebenswert gerissenen Figaro darstellte. Seine Auftrittsarie forderte zu Recht den ersten Szenenapplaus. Ebenso herausragend war Riccardo di Francesco als Dr. Bartolo, dessen Arie Einen Doktor meinesgleichen ein wahres Glanzstück war. Florian Kressers dunkler Baß kam besonders in der Verleumdungsarie des Don Basilio wunderbar zur Geltung. Stephan Scherpe ist ein junger Sänger, der die anspruchsvolle Partie des Grafen Almaviva glänzend meisterte. Besonders gefiel er als vermeintlicher Musiklehrer mit verstellter näselnder Stimme. Die schwierigen Koloraturen der Rosina kamen bei Teresa Smolnik nicht ganz makellos, manches wirkte statt perlend eher abgehackt. Obwohl nur in einer kleinen Nebenrolle als Haushälterin Berta war Iris-Stefanie Maier in dieser Partie großartig. In ihrer Arie, bei der sie am Garderobenständer Bartolos Kleidung vom kleinsten Stäubchen befreit, gab sie eine hinreißende versteckte Liebeserklärung an diesen Kauz ab und verwandelte sich von der pusseligen Haushälterin mit zusammengebundenen Haaren und Schürze in eine attraktive Frau, indem sie die Schürze ablegte und die Haare löste. Eine gelungene Szene!

Fazit

Rossinis Barbier mit deutschem Text singen zu lassen muß man schon fast als mutig bezeichnen, wird er doch auch an kleineren Opernhäusern fast nur italienisch gesungen. Die Aufführung war rundum gelungen, die Texte weitgehend verständlich und die Sänger agierten mit großer Spielfreude. Ein besonderer Augenschmaus war die Gewitterszene vor der Entführung in dieser herrlichen Kulisse. Echter kann ein Gewitter nicht aussehen.

Auch nach dieser Oper gab es während des herzlichen und begeisterten Schlußbeifalls, Rosen für alle Mitwirkenden.

Dorothee  Riesenkönig

Bild: Elisabeth Mühleder

Das Bild zeigt: Florian Kresser (Don Basilio), Johannes Wollrab (Barbier), Teresa Smolnik (Rosina)

Veröffentlicht unter Bad Hersfeld, Oper in der Stiftsruine, Musikfestivals