Zürich, Opernhaus – CLARI

von: Jacques Fromental Halévy (1799-1862) Dramma per musica in 3 Akten; Libretto: Pietro Giannone
UA: 9. Dezember 1828, Théâtre Italien, Paris
Regie: Moshe Leiser/Patrice Caurier, Bühnenbild: Christian Fenouillat, Kostüme: Agostino Calvaca, Lichtgestaltung: Christophe Forey/Martin Gebhardt, Video: Timo Schlüssel,
Dirigent: Adam Fischer, Orchestra La Scintilla und Chor der Oper Zürich, Chor: Jürg Hämmerli, Choreographie: Beate Vollack,
Cecilia Bartoli (Clari), John Osborn (Il Duca), Eva Liebau (Bettina), Oliver Widmer (Germano), Stefania Kaluza (Simonetta), Carlos Chausson (Alberto), Giuseppe Scorsin (Luca)
Besuchte Vorstellung: 29. Mai 2008 (Premiere: 23. Mai 2008, schweizerische Erstaufführung)

Kurzinhalt
zuerich-clari.jpgDas Bauernmädchen Clari hat sich in einen Herzog verliebt, der sie auf sein Schloß mit einem Heiratsversprechen einlädt und mit kostbaren Geschenken verwöhnt. Von Hochzeit ist aber bald nicht mehr die Rede. Clari erkennt die Ausweglosigkeit ihrer Lage und fällt ins Delirium. Sie entflieht in ihre Heimat zurück. Aber hier gilt sie als entehrt und ihr Vater hat sie verflucht. Der Herzog bekommt Gewissensbisse und erscheint mit lehmverspritzten Auto auf der Alm (!), um sein Eheversprechen einzulösen. Nach einer glücklichen Hochzeitsfeier fahren beide mit einem von den besänftigten Älplern zusätzlich aufgesprayten just married ins Tiefland.
Vorbemerkung
Cecilia Bartoli als Musikarchäologin hat zum 200. Geburtstag der Sängerin Maria Malibran (1808-1836) die Oper Clari in der Bibliothèque Nationale von Paris aufgespürt, die für die berühmte Malibran komponiert wurde. In den ersten beiden Akten ist die Oper eine Rossiniana, und man sucht nach ähnlichen Stellen bei Rossini. Die bereits in der Uraufführung eingelegte Aria der Desdemona vom Weidenbaum aus Otello zeigt die größere Reife Rossinis. Aber im dritten Akt findet Halévy einen dramatischen, persönlichen Stil, der seine spätere Jüdin sowie Giacomo Meyerbeer ahnen läßt.
Aufführung
Moshe Leiser und Patrice Caurier verlegen die Oper in unsere Zeit mit Bühnenbildern von Christian Fenouillat. Bizarre und extravagante Kostüme steuert Agostino Cavalca bei und Beate Vollack erstellt eine teilweise groteske Choreographie für den Opernchor. Beide Regisseure nehmen die Charaktere der handelnden Personen ernst und geben sie keinesfalls der Lächerlichkeit preis, was bei dieser Oper nahe liegen könnte.
Sänger und Orchester
Den leicht naiven Charakter der Clari vermittelt Cecilia Bartoli überzeugend in den komischen wie auch melancholischen Szenen. Eine makellose Atemtechnik durch drei Oktaven – die im Zürcher Opernhaus bestens zur Geltung kommen – machen Cecilia Bartoli zum Star der Aufführung, ohne die übrigen Sänger an die Wand zu spielen. Der Tenor John Osborn als Duca (hier „modernisiert“ als Playboy) kann ihr Paroli bieten mit seiner in allen Lagen ausgeglichenen Stimme. Carlos Chausson als Vater Claris gestaltet den cholerischen Charakter eindruckvoll mit seinem wohltönenden Baß. Eva Liebau (Bettina), Oliver Widmer (Germano), Stefania Kaluza (Simonetta), Carlos Chausson (Alberto) und Giuseppe Scorsin (Luca) bilden ein prächtiges Ensemble zusammen mit dem köstlich agierenden Opernchor.
Unter der einfühlsamen Leitung von Adam Fischer, eines Spezialisten der Belcanto-Epoche, musiziert das Scintilla Orchester des Opernhauses Zürich auf Originalinstrumenten. Alle Instrumentengruppen – besonders aber die Holzbläser – bieten einen wunderbaren durchsichtigen Klanghintergrund, auf dem die Singstimmen sich mühelos entfalten können.
Fazit
Großer Jubel und einhellige Begeisterung, auch für die teilweise musicalnahe Regie. Ein großer Erfolg, der ermuntern sollte, Rossini, Bellini, Donizetti und Verdi endlich einmal auf Originalinstrumenten zu spielen. Die Zeit ist reif dafür.

Hans Georg Büchel

Bild: Suzanne Schwiertz
Das Bild zeigt Cecilia Bartoli (Clari) und John Osborn (Il Duca) li sitzend und die Festgesellschaft.

Veröffentlicht unter Opern

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