Nürnberg, Staatstheater – LOHENGRIN

von Richard Wagner (1813-1883); Romantische Oper in drei Aufzügen; Dichtung vom Komponisten; Uraufführung: 28. August 1850 in Weimar.
Regie: Michael Simon, Bühnenbild: Michael Simon, Kostüme: Eva Spott
Dirigent: Christof Prick, Nürnberger Philharmoniker, Chor und Extrachor
Solisten: Guido Jentjens (König Heinrich), Scott MacAllister (Lohengrin), Anna Gabler (Elsa), Jürgen Linn (Telramund), Ruth-Maria Nicolay (Ortrud), Jochen Kupfer (Heerrufer), Sibrand Basa, Richard Kindley, Sebastian Kitzinger, Michael Lion (Brabantische Edle)
Besuchte Aufführung: 3. Mai 2008 (Premiere)

Kurzinhalt
nuernberg-lohengrin.jpgKönig Heinrichs ruft die Brabanter auf zu einem Feldzug. Graf Telramund von seiner Gattin Ortrud angestachelt, beschuldigt Elsa von Brabant, des Mordes an ihrem Bruder Gottfried. Ein Gottesgericht in Form eines Zweikampfs soll über Elsas Schuld oder Schuldlosigkeit entscheiden: Keiner aber will gegen Telramund antreten. Da erscheint in Fremder einem Boot, von einem Schwan gezogen, und stellt sich dem Kampf. Er besiegt Telramund. Dieser Fremder will Elsa heiraten unter der Bedingung, daß sie nie nach seinem Namen und seiner Herkunft fragen würde. Elsa willigt ein.
Doch Ortrud gibt nicht auf. Freundschaft und Mitgefühl heuchelnd, verunsichert sie Elsas Vertrauen zu ihrem Geliebten. Am Hochzeitstag bezichtigen Ortrud und Telramund vor dem Münster den Fremden der Zauberei und des Betruges. Doch Elsa vertraut ihrem Bräutigam weiter. Doch später, als sie allein sind, bricht Elsa ihr Versprechen und fragt ihren Bräutigam nach seiner Herkunft. Im gleichen Moment dringt Telramund mit seinen Verschwörern in das Brautgemach ein, um Lohengrin zu töten. Im Zweikampf stirbt Telramund. Danach offenbart Lohengrin vor dem König und den Landesvertretern seinen Namen und seine Herkunft. Ortrud triumphiert. Doch durch sein Gebet bewirkt Lohengrin die Rückkehr des totgeglaubten Knaben Gottfried, des rechtmäßigen Thronnachfolgers.
Aufführung
Der Abend beginnt mit einer Einblendung, einer von vielen. Ein Wagner-Zitat, daß die Oper nicht erheitern und nicht unterhalten soll. Und in der Tat, es wurde kein heiterer Opernabend. Dazu gehören Pressemeldungen, daß GMD Christof Prick, ein anerkannter Wagner-Dirigent unserer Tage, sich weigerte zu dirigieren, wenn der Chor aus dem Off singen würde. Er setzte sich durch, verweigerte sich dem Schlußapplaus und setzte so ein deutliches Zeichen. Ein Zeichen gegen den Versuch, die Handlung mit Zinnfiguren, Handpuppen und zahlreichen Filmeinspielungen nur zu bebildern, die Handlung selbst aber mit Hinweisen der Regie einzublenden, um das Publikum zu Assoziationen zu bewegen. Als Ergebnis war: eine konzertante Aufführung! So sah man einen Chor in Abendgarderobe, um den herum die Protagonisten mehr zufällig als geplant agierten. Nur zwei schöne Momente sind erwähnenswert: zum einen Lohengrins Auftritt als Spielfigur mit Spielzeugschwan, die aus dem dunklen Wald auftauchen. Die zweite Szene ist das Brautgemach als Kubus mit Fenster, aus dem das Brautpaar herausschaut.
Sänger
Daß der Abend kein Desaster wurde ist der musikalischen Leistung geschuldet. Christoph Prick demonstriere, wozu die Nürnberger Philharmoniker in der Lage sind. Eine zeitgemäße, nicht zu schnelle Interpretation, fehlerfrei im Zusammenspiel mit Chor, Orchester und Solisten. Vielleicht manchmal ein wenig laut, aber Wagners Lohengrin verträgt das mit den vielen Blecheinsätzen durchaus.
Großes Lob dem gut vorbereiteten Chor unter Edgar Hykel. Der Chor konnte auch im Wechselspiel mit den Solisten glänzen. Das gewiß, gewiß war selten so witzig wie an diesem Abend. Schwierig einen Solisten besonders zu loben, denn alle waren überaus erfolgreich darin, die fehlende Handlung mit ihren Stimmen darzustellen. Sie bemühten sich nicht nur schön und wortverständlich zu singen, nein sie konnten auch stimmlich ausdrücken, was sie fühlten oder was sie bewegten. So ist Ruth-Maria Nicolay wirklich die Hexe Ortrud (zu Recht tosender Applaus!), Guido Jentjens ein überzeugender König Heinrich genauso wie Jochen Kupfer ein Heerrufer. Jürgen Linn ist ein wortverständlicher Telramund, wobei die Grenze zum Sprechgesang doch manchmal überschritten wird. Anna Gabler ist nicht unbedingt eine Idealbesetzung der Elsa, da sie über keine jugendliche, glockenklare Stimme verfügt.
Scott MacAllister, der Einspringer in letzter Minute, der den kranken Stefan Vinke wenige Stunden vor Beginn ersetzen mußte, gilt schon länger als Geheimtipp als rundum überzeugender lyrischer Wagner-Tenor. Sein internationaler Durchbruch wird in der nächsten Spielzeit an der Deutschen Oper Berlin als Tannhäuser sicherlich folgen. Als Anekdote am Rande seien seine Textverwechslungen im dritten Akt angemerkt, die zu einer Reihe von Erheiterungen im Publikum führten.
Fazit
Musikalisch ein überaus gelungener Abend, würdig einer CD-Einspielung. Das Regieteam traute sich am Schluß nur einmal vor den Vorhang, so heftig war die Abstrafung durch das Publikum. Man sollte versuchen die Gage des Regisseurs wegen Arbeitsverweigerung einzubehalten.
Oliver Hohlbach

Bild: Jutta Missbach

Das Bild zeigt  Lohengrin (Scott MacAllister ) mit dem Spielzeugschwan.

Veröffentlicht unter Nürnberg, Staatstheater

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