DIE VERKAUFTE BRAUT – Coburg, Landestheater

von Bedřich Smetana (1824-1884), Komische Oper in drei Akten, Libretto. Karel Sabina, Deutsch von Carl Riha und Wilfried Höntsch, Dialoge der Urfassung eingerichtet von Peter Brenner, UA: 1866, Prag

Regie: Peter Brenner, Bühne/Kostüme: Klaus Teepe, Choreographie: Daniel Cimpean

Dirigent: Roland Kluttig, Philharmonisches Orchester, Chor und Extrachor des Landestheaters Coburg

Solisten: Rainer Scheerer (Kruschina), Verena Usemann (Ludmilla), Betsy Horne (Marie), Andrej Telegin (Micha), Stefanie Schmitt (Hata), Roman Payer (Wenzel), Milen Bozhkov (Hans), Michael Lion (Kezal),.Marie Smolka (Esmeralda)

Besuchte Aufführung: 15. Mai 2011 (Premiere)

Kurzinhalt

Marie liebt Hans, doch ihre Eltern schließen mit Heiratsvermittler Kezal einen Vertrag: Marie soll den unbeholfenen Wenzel heiraten, den Sohn von Micha. Marie, die sich nicht zu erkennen gibt, rät Wenzel davon ab, sie zu heiraten; ihm werde Böses widerfahren. Aus Angst verweigert dieser nun die Heirat. Hans willigt gegen 300 Gulden ein, auf Marie zu verzichten, wenn diese einen Sohn Michas heiratet. Alle sind empört. Auf einem Zirkusfest verliebt sich Wenzel in eine Tänzerin und es stellt sich heraus, daß Hans der Sohn Michas aus erster Ehe ist – so nimmt die Entrüstung über die „verkaufte Braut“ ein gutes Ende.

Aufführung

Das Einheitsbühnenbild wirft einen Blick in das Innere einer Scheune ungefähr zur Entstehungszeit der Oper. Hier finden an einem Tisch die Verhandlungen oder Kungeleien des Heiratsvermittlers statt, hier feiern die Bauern mit ihren Kindern ihre Feste, tanzen ihre Dorftänze oder stechen ein Faß Bier an. Auch der Zirkus gibt hier eine kleine Vorstellung seines Könnens – mit einem Kriegstanz-Indianer, einer Tänzerin, einem keulenschwingenden Clown und einem Kraftakt der Sportakrobaten (der Coburger Turnerschaft). Die Kleidung der Bauern ist ländlich rustikal, der Großbauer Micha und seine Frau (mit Pelzstola) tragen großbürgerliche Kleidung der vorigen Jahrhundertwende – so auch der Heiratsvermittler Kezal passend dazu einen braunen Anzug. Und zum Schluß erscheint auch Wenzel in einem Bärenkostüm.

Sänger und Orchester

Es ist am Ende dieser Aufführung tatsächlich etwas schwierig festzustellen, wer der überragende Darsteller des Abends gewesen ist, so hoch und so dicht ist die Leistungsdichte dieser Produktion, die auch für die hervorragende Zusammensetzung des Coburger Ensembles steht. Beginnen muß man sicherlich bei der verkauften Braut Betsy Horne, eine Paraderolle für diesen dramatischen Sopran: Ausdruckstark in jeder Situation, lyrisch verhalten mit technischem Glanz, wenn sie versucht, die Tiefen der Beziehung zwischen zwei Männern ergreifend auszuloten. Milen Bozhkov (Hans) hat den zarten Schmelz in der Stimme, den man für den slawischen Ausdruck dieser Tenorrolle benötigt und verfügt über eine strahlend schöne Mittellage, die er als Basis für die technisch sicheren hohen Töne verwendet. Roman Payer als sein Bruder Wenzel singt seine Stotter-Arie mehr als nur technisch sauber und kann im mitfühlenden Duett mit Betsy Horn ihr nicht nur stimmlich ebenbürtiger Partner sein. Michael Lion überzeugt mit tiefer sonorer und raumfüllender Stimme und zeichnet so einen eher sympathischen Heiratsvermittler Kezal. Überflüssig zu erwähnen, daß auch die beiden Elternpaare mehr als solide besetzt sind: Gerade das – sonst zu Unrecht gestrichene – Sextett wird im Zusammenspiel der Paare zu einem musikalischen Höhepunkt.

Am Anfang zeigten sich im Premierenfieber einige Unsicherheiten im Graben, vor allem im sonst so soliden Blech oder im Zusammenspiel mit den Solisten. Nachdem diese kurze Phase überwunden ist, gelingt es Roland Kluttig das böhmische Feuer Smetanas kochen zu lassen. Gerade die vielen Orchesterstücke, die böhmischen Tänze, aber auch die dazugehörenden hervorragend einstudierten Chorpassagen, leben von den exakt zelebrierten Temposteigerungen oder wechselnder Lautstärke des Orchesters.

Fazit

Eine Sternstunde für das Landestheater Coburg! Die überaus gelungene Personen- und Chorführung Peter Brenners, der nicht nur die heitere Seite dieser Oper zeigt, sondern auch Platz für die Gefühle und inneren Seelenzustände der einzelnen Personen schafft, beweist mehr als eindeutig, daß eine werkgetreue Inszenierung, die die Wünsche des Komponisten ernst nimmt, mehr als erfolgreich sein kann. Besonders deutlich wird dies an der Rolle des Wenzel und seiner Beziehung zu Marie, die hier mehr als nur Nebenhandlung ist. Ein weiterer positiver Aspekt ist, daß kaum Striche gemacht wurden, so daß z.B. der Zirkus oder das Sextett gespielt werden. Neben der sensationellen Leistung der Sänger und des Orchesters ist dies sicher der Grund für den fast schon hysterischen Jubel des Publikums, das in großer Zahl aus Bayreuth, Würzburg und Berlin angereist war.

Oliver Hohlbach

Bild: Henning Rosenbusch

Das Bild zeigt: Marie (Betsy Horne) jagt Wenzel (Roman Payer) Angst ein.

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