SALOME – Berlin, Komische Oper

von Richard Strauss (186-1949), Musikdrama in einem Aufzug, Libretto: Komponisten nach Oscar Wildes gleichnamiger Dichtung, UA: 1905 Dresden

Regie: Thilo Reinhardt, Bühne: Paul Zoller, Kostüme: Katharina Gault, Dramaturgie: Ingo Gerlach, Licht: Franck Evin

Dirigent: Alexander Vedernkov, Orchester der Komischen Oper

Solisten: Morenike Fadayomi (Salome), Andreas Conrad (Herodes), Christiane Oertel (Herodias), Egils Silins (Joachanaan), Thomas Ebenstein (Narraboth), Christoph Schröter, Peter Renz, Matthias Siddharta Otto, Thomas Ebenstein, Marko Spehar (fünf Juden), u.a.

Besuchte Aufführung: 15. April 2011 (B Premiere)

Kurzinhalt

Im Palästina unter der Herrschaft des Herodes kündigt sich das Ende der bisherigen Weltordnung an. Jochanaan ist einer der Endzeitpropheten und wird gefangengenommen. Die junge Stieftochter des Herodes, Salome, begehrt ihn zu sehen und verliebt sich in ihn, was Narraboth, der sie heimlich liebt, in den Selbstmord treibt. Doch wird sie von Jochanaan zurückgewiesen. Als Herodes von Salome wünscht, für ihn zu tanzen, ringt sie ihm das Versprechen ab, dafür den Kopf des Jochanaan zu bekommen. Trotz seiner großen Bedenken gibt Herodes ihr nach. Entsetzt sehen er und die anderen Beteiligten, wie Salome mit dem abgeschlagenen Kopf spricht und ihn küßt. Herodes befiehlt, Salome zu töten.

Aufführung

Das Bühnenbild ist buchstäblich mit groben Strichen angedeutet, wie in einem Comic. Die Kostüme changieren zwischen grell-bunten Bürokostümen (Herodes und Herodias), Guerilla-Look (Jochanaan) und Pop-Diva (Salome). Die Kostüme einiger Juden erinnern an Wehrmachtsuniformen. Die Originalhandlung wird abgewandelt: Narraboth ersticht sich nicht selbst aus Verzweifelung, sondern wird von Salome getötet. Jochanaan wird am Ende von Herodias und den Juden in Stücke gehackt. Der Tanz der sieben Schleier entfällt. Stattdessen bekommt man auf der sich drehenden Bühne viele Bilder und kurze pantomimische Handlungen zu sehen: Salome mit einem Maschinengewehr und Jochanaan in einem Cabrio sitzend, die Juden, die sich selber auf das Kreuz zu nageln versuchen oder Herodias, die einem Gekreuzigten mit einem Hammer auf seinen grotesk großen Penis schlägt. Während Jochanaans Ausführungen über das Ende der bisherigen Welt hantiert Salome mit einem silbernen Megaphon und einem roten Heftchen (einer Maobibel?). Am Ende der Oper wird sie nicht getötet, sondern präsentiert sie sich trotzig mit diesen Accessoires.

Sänger und Orchester

Das Orchester spielte mit großem, voluminösem Klang, der häufig die Sänger überdeckte, doch mangelte es hier und da an der rhythmischen Präzision. Dem Dirigenten Alexander Vedernikov wäre unbedingt zu größerer dynamischer Zurückhaltung v.a. bei den kleinen Partien zu raten, die gegen das große Orchester keine Chance hatten. Stimmlich, darstellerisch und von der Textverständlichkeit her war Andreas Conrad als Herodes der beste Sänger des Abends. Vor allem seine abwechslungsreiche Mimik war beeindruckend. Morenike Fayadomi als Salome hat eine etwas zu leise Stimme für die am stärksten instrumentierten Teile ihrer Partie, machte das aber mit einer fein nuancierten Tongebung und – sofern es die Lage ihrer Gesangslinien zuläßt – gut verständlichen Aussprache wett. Besonders in den tiefen Registern, wenn sich ihre Partie der Sprechstimme am stärksten nähert, vermochte sie, ihre große klangliche Variabilität unter Beweis zu stellen. Darstellerisch nahm man ihr die jugendlich-dämonische Rolle ab. Ähnliches gilt von Egils Silins (Jochanaan), der zwar ebenfalls keine große, raumfüllende Stimme hat, aber klanglich und vor allem mit seiner souveränen Verkörperung des Propheten für Begeisterung sorgte. Christiane Oertel in der Rolle der Herodias ließ einige sehr forcierte, aber ausgeglichene Spitzentöne hören und wurde auch darstellerisch ihrer Rolle vollauf gerecht. Thomas Ebenstein (Narraboth) hat einen lyrischen Tenor, der zu klein für diese Partie ist, und agierte ein wenig steif.

Fazit

Diese Inszenierung ist angereichert mit einigen ironisierenden und provokativen Momenten. Dennoch bleiben Umrisse der Originalhandlung erhalten in Gestalt etlicher zentraler szenischer Momente wie z.B. Jochanaans Verfluchung Salomes. Es mangelt nicht an plakativen Momenten in der Wahl der szenischen Mittel. Die gewählten Requisiten – die Juden sollen bisweilen als konservative Parlamentarier oder sogar Altnazis erscheinen, Salome und Jochanaan hingegen als 68er – dürften den jüngeren im Publikum allerdings nicht mehr geläufig sein. Musikalisch ist die Aufführung vielleicht keine Sternstunde, aber solide von den sängerischen Leistungen her. Darstellerisch bekommt man – wie oft in der Komischen Oper – sehr gute Leistungen geboten. Das Publikum reagierte nicht enthusiastisch, war aber insgesamt mit dem Gebotenen zufrieden.

Dr. Martin Knust

Bild: Monika Rittershaus

Das Bild zeigt: Morenike Fadayomi (Salome), Christiane Oertel (Herodias) und Andreas Conrad (Herodes)

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