TANNHÄUSER UND DER SÄNGERKRIEG AUF WARTBURG – Meiningen, Südthüringisches Staatstheater

von Richard Wagner (1813–1883), große romantische Oper in 3 Akten, UA: 19. Oktober 1845 Dresden
Regie: Ansgar Haag, Bühnenbild: Kerstin Jacobssen, Kostüme: Stefanie Geiger, Choreographie: Andris Plucis, Ballett des Landestheaters Eisenach
Dirigent: Hans Urbanek, Meininger Hofkapelle, Chor und Extrachor des Meininger Theaters, Einstudierung: Sierd Quarré.
Solisten: Hans-Georg Priese (Tannhäuser), Dominik Nekel (Landgraf Hermann), Dae-Hee Shin (Wolfram), Bettine Kampp (Elisabeth), Alla Perchikova (Venus), Sybille Sachs (Hirt), Jacques le Roux (Walther von der Vogelweide), Roland Hartmann (Biterolf) u.a.
Besuchte Aufführung: 26. März 2010 (Premiere)

Kurzinhalt
Der Minnesänger Tannhäuser verbrachte lustvolle Monate bei der Liebesgöttin Venus. Doch der nie endenden Erotik überdrüssig verläßt er Venus. Er trifft auf eine Jagdgesellschaft, welche sich als seine einstigen Konkurrenten als Sänger herausstellen. Die Männer überzeugen ihn, mit auf die Wartburg zu kommen. In einem Sängerwettstreit soll das wahre Wesen der Liebe besungen werden. Während die anderen die geistige Liebe rühmen, sieht Tannhäuser hingegen ihr wahres Wesen nur in der irdischen Liebe erfüllt. Er gesteht seinen Aufenthalt bei Venus. Die Männer wollen sich auf Tannhäuser stürzen, doch Elisabeth geht dazwischen und bittet für den Sünder. Er soll sich der Pilgerfahrt nach Rom anschließen. Aber der Papst will ihm für seine Sünden keine Absolution erteilen. Erst das Opfer Elisabeths kann Tannhäuser Erlösung schenken.
Aufführung
Noch während des Vorspiels öffnet sich langsam der Vorhang und gibt den Blick auf Venus’ Liebesnest frei. Tannhäuser und Venus räkeln sich auf einem großen Felsen in der Mitte des Bildes, während die Versammlung von Nymphen und Liebespaaren einen lasziven Tanz beginnen. Der gesamte Raum ist mit Drahtseilen vertikal bespannt, welche erst im Übergang zur letzten Szene des ersten Aktes ihre Funktion erkennen lassen. Während Tannhäuser mit Venus – im weißen Minikleid mit meterlanger Schleppe und silbernen Overknees an eine Popsängerin der 80er Jahre erinnernd – streitet, spinnen die Tänzer mit roten Fäden Netze zwischen den Drahtseilen. Eine lange Leiter scheint der einzige Ausweg zu sein. Als Tannhäuser diese beginnt zu besteigen, hebt sich der Boden. Ein Loch in der Mitte läßt Raum für Leiter und Felsen. Der so entstehende zweite Raum mit beweglichen anthrazitfarbenen Wandteilen wird mit verschiedener Lichtstimmung, durch Hinzufügen von Stühlen oder die Verschiebung einzelner Teile zu Wald oder Sängerhalle im zweiten und dritten Akt umgedeutet. Die Kostüme spielen auf das Mittelalter an, sind aber modern abstrakt und nicht historisierend. Die Inszenierung ist statisch und läßt eher Bilder als Aktionen entstehen. Die Sänger werden bei ihren schweren Solostücken oft an der Bühnenrampe plaziert.
Sänger und Orchester
Die Meiniger Hofkapelle unter der letztmaligen Leitung von GMD Hans Urbanek bietet dem Publikum ein instrumental ausdifferenziertes, transparentes Klangerlebnis. Trotz der kraftstrotzenden Komposition Wagners überlagert das Orchester nie den Vokalklang der Sänger, auch wenn sich diese im hinteren Bühnenraum bewegen. Der Tenor Hans-Georg Priese (Tannhäuser) mimt mit Überzeugung den zwischen Moral und Trieben Zerrissenen, findet aber erst ab dem zweiten Akt zu sängerischem Glanz, nachdem der Streit mit Alla Perchikova (Venus) – möglicherweise durch ihr Kostüm bedingt etwas steif im Ausdruck, als dramatischer Sopran jedoch hervorragend – sehr kehlig, beinahe gepreßt vorgetragen wirkte. Ein sowohl darstellerisches wie auch gesanglich ergreifendes Duo bildeten die Sopranistin Bettine Kampp (Elisabeth) und der Bariton Dae-Hee Shin (Wolfram). Mit seinem tiefen, sonoren Baß bildete Dominik Nekel (Hermann) eine glanzvolle Ergänzung des Ensembles. Besonderes Lob gilt dem Opernchor. Er war, neben der Hallenarie Elisabeths und dem Lied Wolframs, einer der Höhepunkte des Abends. Sowohl Solisten als auch der Chor waren um sehr gute Textverständlichkeit bemüht.
Fazit
Der Meininger Tannhäuser war trotz anfänglicher Startschwierigkeiten ein gelungener musikalischer Abschiedsgruß des Dirigenten und wurde vom Publikum mit lang anhaltenden, stehenden Ovationen gefeiert. Die modernisierende Inszenierung ließ einen schlüssigen roten Faden erkennen.

Josephin Wietschel

Bild: H. H. Dohmen
Das Bild zeigt: Dae-Hee Shin (Wolfram) folgt Hans-Georg Priese (Tannhäuser) in das Reich der Venus

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