10. Antikenfestspiele Trier – SAMSON UND DALILA

von Camille Saint-Saëns (1835-1921), Libretto: Ferdinand Lemaire
Oper in drei Akten, Uraufführung am 2. Dezember 1877 in Weimar),
Dirigent: Marc Soustrot, Orchestre Philharmonique du Luxembourg
Chor und Extrachor des Theaters Trier, Tanztheater Trier
Regie: Kurt Josef Schildknecht
Dubrovka Musovic (Dalila), John Uhlenhopp (Samson), Lászlo Lukács (Oberpriester des Dagon), Thomas Schobert (Abimelech, Satrap von Gaza), Juri Zinovenko (Ein alter Hebräer), Gor Arsenian (Ein Kriegsbote der Philister), Peter Koppelmann (1. Philister), Horst Lorig (2. Philister)
Besuchte Aufführungen: 22. Juni und 1. Juli 2007

Samson und DalilaDie Handlung der Oper spielt in einer Region, die auch heute als Krisenherd fast täglich in den Medien erscheint, in der Stadt Gaza und Umgebung.
Das Drama, das als Vorlage für Lemaires Libretto diente, ereignete sich allerdings ca. 1000 Jahre vor Chr. Es wird im Buch der Richter, Kapitel 13-16 (Alten Testament) beschrieben.
Ursprünglich wollte Saint-Saëns den Stoff zu einem Oratorium benutzen. Lemaire jedoch brachte den Komponisten schließlich dazu, eine Oper zu schreiben.
Diese Oper hatte anfangs kein Erfolg. Die Uraufführung 1877 erlebte sie in deutscher Sprache im Weimarer Hoftheater, wo Franz Liszt als künstlerischer Direktor, sich für das Stück stark gemacht hatte. Es dauerte noch bis 1890, bevor die Oper in Frankreich, in Rouen, aufgeführt wurde.
Kurzinhalt
Die Handlung rankt sich um Macht und Unterdrückung, um einen starken Mann, der den raffinierten Verführungskünsten einer schönen Frau nicht widerstehen kann, der Wachs wird in ihren Armen und der dadurch seine Kraft einbüßt. Die verführerische Philisterin Dalila entlockt Samson das Geheimnis seiner Kraft, die in seinem noch nie geschnittenen Haupthaar beruhte, und verrät dieses Geheimnis an den Oberpriester des Gottes Dagon. Dieser nähert sich unbemerkt mit seinen Schergen dem schlafenden Samson, läßt Samson das Haar abschneiden, fesseln und blenden. Im Gefängnis er fällt auf die Knie, fleht Gott um Gnade und bittet ihn um Verzeihung für seine Schwachheit. Er verspricht Gott, seinen Fehler wieder gut zu machen.

Im Tempel des Dagon dem Volk der Philister zur Schau gestellt wird Samson von den Priestern und Volk verhöhnt. Diese spotten auch über den ach so schwachen Gott Hebräer. Sie fordern den Gequälten auf, sich von seinem Gott abzuwenden und Dagon anzubeten. Doch Samson weigert sich, seinen Gott zu verleugnen. Unterdessen gewinnt er seine Kraft zurück und bringt in einer gewaltigen Anstrengung die Säulen des Tempels zum Einsturz. Alle finden unter den Trümmern den Tod.

Die Aufführung
Die für das römische Amphitheater in Trier erarbeitete Personenführung war klar und präzise. Eine besondere Wirkung erlangten hierbei die gut organisierten Massenszenen, die durch zum Teil sehr farbenprächtige Fantasiekostüme beeindruckten. Die vor den Philistern flüchtenden Hebräer, ausgestattet mit großen Hüten und mit den typischen Judenkoffern (letztere schienen doch in der antikisierenden Darstellung etwas fehl am Platz), zeigten im aufgeregten Hin- und Herlaufen die Schrecken der von den Philistern geknechteten Hebräer deutlich auf.
Beeindruckend waren die monumentalen Chorgesänge, die besonders den ersten Akt der Oper prägen. Die Stimmen waren gut aufeinander abgestimmt und intonationssicher, der Text war gut verständlich. Sie sind durch das Unglück ihrer Gefangenschaft sehr verunsichert und flehen daher zu Gott. Doch sie werfen ihm vor, daß er sie verlassen habe. Um alle Beteiligten, Männer wie Frauen, vorzuführen schreibt Saint-Saëns an dieser Stelle eine Fuge. Hier hat sich der Regisseur eine intelligente Lösung einfallen lassen: Zu Beginn dieses Eröffnungschors stehen alle dicht geschlossen zusammen. Zum Fugenbeginn traten dann die einzelnen Stimmen geschlossen vor. Zuerst ist es der Baß der mit sonorer Fülle singt: Wir haben gesehen, daß unsere Städte verwüstet sind …
Dann folgt dieser Baßgruppe die Tenorgruppe, danach der Alt, sodann der Sopran. Auf dem großen Halbrund des Amphitheaters machte sich das überaus eindrucksvoll!
John Uhlenhopp als Samson schien nicht seinen besten Tag zu haben, seine Stimme war kraftlos und blaß, sein Gesang schlecht verständlich. Brillant dagegen Dubravka Musovic als Delila. Sie zog gesanglich alle Register der Verführung, schmeichelnd und gurrend, dann wieder fordernd und scharf. Samson gerät allzubald in ihren Bann und macht. Musovics Mezzosopran hat Volumen, ist ausdrucksstark und glänzend und zeigt eine breite, fein nuancierte stimmliche Farbpalette.
Betörend sang sie die drei großen Soloszenen der Dalila, besonders mit Mon coeur s’ouvre à ta voix – sieh, mein Herz erschließet sich umgarnte sie nicht nur Samson, sondern auch das Publikum.
Leider paßten Kostüm und schauspielerische Ausgestaltung ihrer Rolle nicht ganz zum Bild der raffinierten Verführerin: Samson wird schließlich erst im vierten Anlauf schwach und verrät erst dann das Geheimnis seiner Kraft.
Ihr Kostüm war hauteng, schlangengleich und grün leuchtend. Sicher wollte der Regisseur hier die Vorstellung der Frau als Schlange hervorrufen. Diese halbrealistische Vorführung weiblicher Verführungskunst hatte kaum das entsprechenden Ergebnis: die Männerphantasien wurde wohl kaum stimuliert, denn zu ungraziöse, wirkte das Gehen der großgewachsenen Frau Musovic auf den von allzu kurzem Rock kaum bedeckten Beinen in hochhackigen Stiefeln
Das Orchestre Philharmonique du Luxembourg spielte unter der präzisen Stabführung von Marc Soustrot intonationssicher. Die enormen Entfernungen dieses übergroßen Aufführungsortes waren kaum bemerkbar: die Einsätze und die Begleitung der Solisten war einwandfrei. Neben dem satten und warmen Klang der Streicher gefielen mir besonders die Holzbläser, die auch in ihren Soli überzeugten.
Die Aufführung am 22. Juni fand leider wegen des Regens nicht im Freien statt. Am 1. Juli begann die Aufführung im Amphitheater, mußte aber kurz vor dem dritten Akt wegen starken Regens abgebrochen werden. Die Anmerkungen zur Szene beziehen sich auf die Aufführung vom 1. Juli.
Alles in allem eine schöne Aufführung einer zu Unrecht viel zu selten gespielten Oper.
Das Publikum dankte Sängern, Chor, Orchester und Ballett (beide Male) mit lebhaftem Beifall.
Dr. Rolf Jürgen Schaffer und Dr. Olaf Zenner
Bild: Klaus-Dieter Theis

Veröffentlicht unter Opern

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