Bonn, Opernhaus – KRÓL ROGER – DER KÖNIG UND DER HIRTE

von Karol Szymanowski (1882-1937), Oper in drei Akten. Libretto von Karol Szymanowski und Jarosláw Iwaszkiewicz , dem Cousin des Komponisten. UA am 16.6. 1926 im Teatr Wielki, Warschau.
Regie: Hans Hollmann, Bühnenbild: Hans Hoffer, Dirigent: Stefan Blunier, Beethoven Orchester Bonn, Opernchor, Chorleitung: Sibylle Wagner, Kinderchorleitung: Ekaterina Klewitz. Solisten: Mark Morouse (Roger), Asta Zubaite (Roxane), George Oniani (Hirte), Mark Rosenthal (Edrisi) u.a.
Besuchte Aufführung: 10. Mai 2009 (Premiere, in polnischer Sprache mit Übertiteln))

Kurzinhalt
bonn-roger.jpgOrt: Palermo in Sizilien. In einer byzantinischen Kathedrale sind Geistliche, sowie König Roger, Roxane, seine Gemahlin, sowie Krieger zum Gebet versammelt, als die Kunde von einem geheimnisvollen fremden Hirten an den König herangetragen wird, der in Sizilien Anhänger sucht. Der König bittet ihn am Abend zur Unterredung auf sein Schloß. Die flammende Rede des Hirten über seine friedvolle Religion der Liebe entfacht zum Unmut des Königs auch Roxane. Der König läßt ihn gefangen nehmen, doch zerreißt er mit Leichtigkeit die Bande und flieht ins Gebirge. Roxane und die anderen folgen ihm wie im Traum. Schließlich reißt sich der König die Insignien der Macht vom Leib und folgt den anderen als Pilger nach. Nach langem Umherirren finden er und sein Begleiter, der arabische Gelehrte Edrisi, Roxane und die anderen bei den Ruinen eines griechischen Tempels. In Demut und ohne Waffen ist er gekommen, um nun am bacchantischen Fest des als Gott Dionysos erscheinenden Hirten teilzunehmen. Am Morgen steigt der König zum Altar empor und bietet sein Herz der Sonne dar.
Aufführung
Die illustrative Seite der byzantinischen Baudenkmäler und bacchantischer Riten hat das Bühnenbild kaum beeinflußt. Im ersten Akt findet der von einem Priester im Habitus der orthodoxen Kirche zelebrierte Gottesdienst in der Kulisse eines an einen Hörsaal erinnernden Halbrunds statt. Er kann im dritten Akt als Amphitheater gesehen werden. Der Chor ist grau in grau gekleidet. König Roger trägt eine rote Samtjacke, sowie eine stilisierte Krone. Er wirkt depressiv und betrachtet sich fortwährend im Spiegel, während ihn sein Volk umgibt. Als der Hirte, so wie er gekleidet, auftritt, jedoch statt den Insignien der Macht eine Rose trägt, wirkt diese Begegnung, wie eine mit dem zuvor stets betrachteten Spiegelbild. Die Worte des Hirten von Freiheit verwandeln den Chor vom grauen Gefolge in eine bunte, individuell kostümierte Schar. Auch die zunächst in strengem Kostüm der Jahrhundertwende erschienene Roxane, tritt nun auf, als wäre sie einem Gemälde von Gustav Klimt entstiegen. In Roger bewirken die Reden des Hirten Träume: In einer Projektion sieht er sich und einen Jüngling, der an Gustav Aschenbachs Tadzio erinnert. Edrisi, der arabische Ratgeber gleicht mit Kittel, Bart und Brille Dr. Sigmund Freud. Er führt den König am roten Band in den letzten Akt. Zu den aufbrausenden finalen Klängen liegt der König träumend am Boden, um am Ende den im strahlenden Licht erscheinenden Jüngling, erstmals lächelnd, anzuhimmeln.
Sänger und Orchester
Musikalisch entfaltete Stefan Blunier sehr bewußt das schwere Parfum der Musik Szymanowskis. Sie erinnerte nicht nur hinsichtlich ihrer Instrumentierung an die französischen Impressionisten und erweckte feinsinnige Reize und nervöse Strukturen. Die Sänger, allen voran die in den Vokalisen orientalisches Flair verströmende Asta Zubaite als Roxane, jedoch auch die beiden männlichen Protagonisten, der stringente Bariton von Mark Morouse (Roger) und der weiche Tenor von George Oniani (Hirte) nahmen gefangen, nicht zu vergessen der nahezu ständig präsente Chor sowie der Kinder– und Jugendchor.
Die Regie befreite den Stoff von den mittelalterlichen Schauplätzen und verlegte das Geschehen behutsam, mit ästhetischen Mitteln in die Entstehungszeit der Oper: Die Epoche der tiefenpsychologischen Traumdeutung. Sigmund Freud war wenige Jahre älter als Szymanowski. Der Text des Librettos wurde nicht beschädigt. Edrisis abschließende Worte: Der Traum ist zu Ende geträumt! Die Kette der Trugbilder zerrissen wirken wie das Ende einer erfolgreichen Psychotherapie, an deren Ende das Band zwischen Arzt und Patient gelöst ist. König Roger erscheint als Alter Ego des homophilen Szymanowski. In die biographische Studie paßt gut, daß der Hirte die freie Liebe als seine Religion preist. In ihr findet der Protagonist zu sich selbst.
Fazit
Eine musikalisch gelungene Aufführung, die besonders wegen des selten in einer Inszenierung zu erlebenden Stücks, den starken Sängern und nicht zuletzt der guten Orchesterleistung herausragt. Die ästhetische Ausgestattung überzeugte durch klare und eindringliche Bilder, die von der Musik umflutet, nachhaltige Wirkung zeigen.
Felicitas Zink

Bild: Thilo Beu
Das Bild zeigt: Mark Morouse (König Roger) li und George Oniani (Hirte) Mitte vorn im Gefolge.

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