MARIA STUARDA – Paris, Théâtre des Champs-Élysées

von Gaetano Donizetti (1797-1848), Tragedia lirica in zwei Akten (Version von 1835), Libretto: Guiseppe Bardari nach Friedrich von Schiller Maria Stuart (1800) in der italienischen Übersetzung von Andrea Maffei

UA: 30. Dezember 1835 Mailand, Teatro alla Scala

Regie: Moshe Leiser und Patrice Caurier, Bühne: Christian Fenouillat, Kostüme: Agostino Cavalca, Licht: Christophe Forey

Dirigent: Daniele Callegari, Orchestre de chambre de Paris, Chor des Théâtre des Champs-Élysées, Choreinstudierung: Patrick Marie Aubert.

Solisten: Aleksandra Kurzak (Maria Stuarda), Carmen Giannattasio (Elisabeth), Francesco Demuro (Robert Dudley, Earl of Leicester), Carlo Colombara (Talbot), Christian Helmer (Cecil), Sophie Pondjiclis (Anna Kennedy)

Koproduktion Royal Opera House/Théâtre des Champs-Elysées/Gran Teatre del Liceu/Teatr Wielki – Polish National Opera

Besuchte Aufführung: 23. Juni 2015 (Premiere)

MARIA STUARDA -

MARIA STUARDA –

Kurzinhalt

Die Königin von England soll über ihre Rivalin Maria von Schottland, die wegen Hochverrats angeklagt ist, ein Urteil fällen. Bei Hof sind die Meinungen geteilt, auch die Königin zögert. Elisabeth liebt heimlich den Earl of Leicester, er hingegen liebt Maria Stuart und will sie zu retten. Es kommt zu einer Unterredung der beiden Königinnen. Trotz guter Vorsätze reißt der gegenseitige Haß beide zu Schmähreden hin. Nun zögert Elisabeth nicht mehr, das Todesurteil zu unterschreiben. Leicester versucht in letzter Minute, Gnade für Maria zu erbitten. Doch gerade sein Versuch steigert Elisabeths Wut und Eifersucht nur noch mehr. Maria Stuart geht nun unentrinnbar und gefaßt ihrem Tode entgegen.

Aufführung

Die Inszenierung der Oper war nicht störend, aber sie war weder genial, noch ganz verständlich. Warum tragen die Königinnen Prunkkleider der Rennaissance, der Hofstaat modische Cocktail-Kleider mit weiten Hüten, Smocking und lange Mäntel der 30-iger Jahre, und das Volk Straßenkleider unserer Zeit? Alles nicht unschön, aber bei den Haaren herbeigezogen! Warum zu Anfang die Fassadenkulisse eines alten Palastes und dann ein modernes Gefängnis? Warum wurde der Park von Fortheringay eine Gefängniskantine?

Sänger und Orchester

Aleksandre Kurzaks Stimme hat bei aller dramatischen Brillanz und Virtuosität, etwas Bezaubernd Träumerisch-melancholisches behalten, was der Rolle der Maria Stuart entgegenkommt. Es kam das besonders bewegend zum Ausdruck im lyrischen Erinnern Oh nube! que lieve (1. Akt, 6. Szene) und dann wieder im Gebet der Schlußszene mit Chor. Im Gegensatz dazu sang Carmen Giannattasio die Elisabeth – von der lyrischen Kavatine Ah! Quando all’ara scorgemi gleich am Anfang der Oper abgesehen – hoheitsvoll kalt und mit kräftiger, dramatischer, manchmal fast furienhaft schneidender Stimme, ohne jedoch jemals ins Schrille abzugleiten. Ihre Stimmführung war auch in den Melismen rein und klar. Das Final-Sextett im ersten Akt E sempre la stessa, der wütende Zusammenstoss der beiden Königinnen und dramatischer Höhepunkt der Oper, war stimmlich und szenisch ein Feuerwerk.

Francesco Demuros heller Tenor sang feurig den unglücklichen Leicester. Carlo Colombara war mit voller, warmer Baßstimme der treue Freund bis zum bitteren Ende. Die Partitur gibt Christian Helmers und Sophie Pondjiclis’ schönen Stimmen wenig Möglichkeit sich hervorzuheben. Erwähnt sei noch der vorzügliche Chor, seine Hymne Deh! Tu di un umile läßt schon Verdis berühmten Nabucco-Chor (1842) vorausahnen.

Daniele Callegari dirgierte mit Schwung das Orchestre de chambre de Paris und das Sängerensemble.

Fazit

Die Schwierigkeit einer Maria-Stuarda-Aufführung ist es immer gewesen, zwei einander ebenbürtig starke lyrisch-dramatische Belcanto-Soprane auf die Bühne zustellen. Das Théâtre des Champs-Élysées hat dieses Problem in dieser letzten Opernproduktion der Saison vorzüglich gelöst. Die Regie der Handlung war sorgfältig, die Choreographie des Chores gut. Ein denkwürdiger Abend!

Alexander Jordis-Lohausen

Bild: Vincent PONTET

Das Bild zeigt: Francesco Demuro (Robert Dudley, Earl of Leicester), Carmen Giannattasio (Elisabeth), Aleksandra Kurzak (Maria Stuarda) v.l.n.r.

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