I PURITANI – DIE PURITANER – Paris, Opéra Bastille

von Vincenzo Bellini (1801-1835), Melodramma serio in drei Akten, Libretto: Carlo Pepoli, UA: 24. Januar 1835 Paris, Théâtre-Italien

Regie/Kostüme: Laurent Pelly, Bühne: Chantal Thomas, Licht: Joël Adam

Dirigent: Michele Mariotti, Chor und Orchester der Opéra National, Choreinstudierung: Patrick Marie Aubert

Solisten: Wojtek Smilek (Lord Gualtiero Valton), Michele Pertusi (Sir Giorgio), Dmitry Korchak (Lord Arturo Talbot), Mariusz Kwiecien (Sir Riccardo Forth), Luca Lombardo (Sir Bruno Roberton), Andreea Soare (Enrichetta di Francia), Maria Agresta (Elvira)

Besuchte Aufführung: 25. November 2013 (Premiere)

I PuritaniKurzinhalt

Mitten in Bürgerkrieg der Puritaner gegen die königlichen Stuarts im England des 17. Jahrhunderts, liebt Elvira, die Tochter des Puritanerführers Lord Walton, den königstreuen Lord Arturo Talbot. Als Enrichetta, die Witwe des hingerichteten Königs, als Gefangene nach London gebracht und dort auch hingerichtet werden soll, gelingt es Arturo, sie zu retten und in Sicherheit zu bringen. Das geschieht am festgesetzten Hochzteitstag, mit Hilfe des Puritaners Sir Riccardo, der auch Elvira liebt. Dieser kann ihr nun einreden, daß Arturo sie wegen einer anderen Frau verlassen hat, worauf Elvira aus Verzweiflung den Verstand verliert. Arturo wird vom Parlament zum Tode verurteilt. Aus Liebe zu Elvira kehrt er dennoch nach England zurück und kann seiner Braut gerade noch die Gründe seiner plötzlichen Abreise erklären, bevor er festgenommen wird. Schließlich bringt ein Bote die Nachricht vom endgültigen Sieg der Puritaner und verkündet die Amnestie für die Königstreuen. Diese gute Nachricht bewirkt Elviras Heilung und der Hochzeit steht nichts mehr im Wege.

Aufführung

Auf sonst leerer Bühne steht eine aus schwarzen Metallstangen stilisierte, durchsichtige Burg, die wie eine virtuelle Konstruktion wirkt. Sie besteht aus Treppen, Gallerien, Räumen, Türmen, es gibt sogar im zweiten Akt einen virtuellen Kamin, in dem ein Feuer brennt. Diese Burg ähnelt einem komplizierten System von Käfigen, die auch einzeln auf die Bühne gestellt werden können. Im übrigen, dreht sich das Ganze um die eigene Achse, wenn das Geschehen es erfordert. Durch einfache Beleuchtungseffekte kann diese Burg zur Silhouette werden, Schatten werfen oder im Licht erstrahlen. Die Kostüme sind denen der Puritaner des 17. Jahrhunderts nachempfunden, farblos in schwarz, weiß, grau oder beige. Nur Elvira trägt ein zeitloses, langes, weißes Kleid. Die Choreographie des omnipresenten Chors ist nicht sehr phantasievoll und hätte abwechslungreicher und wirkungsvoller die Handlung unterstützt können.

Sänger und Orchester

Maria Agresta singt und spielt feinfühlig die klarsichtige, wie auch die verwirrte Elvira mit reinem lyrischem Sopran, der auch die Spitzentöne ohne Schwierigkeiten meistert. Ihre Darstellung ist bewegend in der Wahnsinnsszene O, vieni al tempio – oh, komm zur Kirche (Schlußszene 1. Akt). Dmitry Korchak (Lord Arturo) fühlt sich vielleicht im Belcanto wohler als bei Mozart (vgl. meine Besprechung von Così fan tutte vom 11. November 2013). Bei Bellini entfaltet sich sein heller Tenor zu erfreulicher Klangschönheit, wie im Quartett  A te, o cara, amor talora – zu dir, Geliebte, hat die Liebe mich einst geführt, in der seine Stimme die anderen Stimmen überstrahlt. Bemerkenswert Michele Pertusi als Sir Giorgio, er singt mit warmer, sonorer Baßstimme, wie die Rolle es erfordert, besonders schön in der Romanze Cinta di fioribekränzt mit Blumen. Vielleicht klingt hier schon die Arie des Giorgio Germont aus Verdis La Traviata (1853) an? Mariusz Kwieciens (Sir Riccardo Forth), schöne Baritonstimme kommt nicht immer voll zur Geltung. Vielleicht eine jener November-Indispositionen? Wojtek Smilek, Andreea Soare et Luca Lombardo vollenden das Ensemble. Michele Mariotti dirigiert das Orchester mit Empfindsamkeit. Der gut einstudierte Chor spielt in dieser Oper eine wichtige Rolle.

Fazit

Für das italienische Theater in Paris geschrieben und schon von der Opéra français eines Auber oder Meyerbeer beeinflußt, wird Bellinis letztes Werk I Puritani ein sofortiger nachhaltiger Erfolg, den der Komponist gerade noch erleben darf, bevor er einige Monate später 34-jährig stirbt. Dem Team Pelly/Thomas/Adam ist eine originelle Inszenierung gelungen, wenn auch etwas unterkühlt, aber vielleicht ist das beabsichtigt. Es war eine sehr schöne Aufführung in der Opéra Bastille, mit einem ausgezeichneten Ensemble und einer außergewöhnlichen Inszenierung. Sie wurde entsprechend gefeiert.

Alexandre Jordis-Lohausen

Bild: Opéra national de Paris/Andrea Messana

Das Bild zeigt: Michele Pertusi (Sir Giorgio), Maria Agresta (Elvira)

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