Salome – Erfurt, Theater

von Richard Strauss, Oper in einem Akt, Text: Hedwig Lachenmann nach Oscar Wilde, UA: 9. Dezember 1905, Dresden
Regie: Christiane Küppers/Berthold Warnecke, Bühne/Kostüme: Hank Irwin Kittel, Video: Wolfgang Kurima Rauschning, Schleiertanz-Choreographie: Jutta Ebnother

Dirigent:  Walter E. Gugerbauer, Philharmonisches Orchester Erfurt/Thüringen Philharmonie Gotha, Männer des Opernchores des Theater Erfurt

Solisten: Robert Wörle (Herodes), Stéphanie Müther (Herodias), Ruth-Maria Nicolay (Salome), Richard Carlucci (Narraboth), Carolina Krogius (Page/Sklave), Jörg Rathmann, Reinhard Becker, Dirk Biedritzky, Ralf Lindner und Manuel Meyer (Juden), Nina Monteiro (Tänzerin) u.a.

Besuchte Aufführung: 10. April 2011 (Premiere:)

Handlung 

Johannes der Täufer,  wurde durch Herodes gefangengenommen als dieser dessen Frau Herodias der Unzucht beschuldigte. Salome, Herodias schöne Tochter aus der Ehe von Herodias mit Philippus, dem Bruder des Herodes, verlangt, den angeblichen Propheten zu sehen. Der asketische Johannes jedoch will die Prinzessin nicht anschauen, und Salome ist gekränkt. Herodes sucht Zerstreuung und bittet seine Stieftochter gegen den Willen ihrer Mutter für ihn zu tanzen. Als Gegenleistung verspricht er ihr, jeden Wunsch zu erfüllen. Salome tanzt und verlangt den Kopf des Johannes. Herodes ist entsetzt, muß aber sein Versprechen halten. Salome küßt den toten Kopf in entrücktem Zustand. Herodes kann das gotteslästerliche Verhalten nicht ertragen und ruft: Tötet sie.

Aufführung

Die Erfurter Aufführung von Strauss‘ Einakter wird halb szenisch, unterstützt durch eine Videoprojektion, gegeben. Eine riesige Leinwand füllt den gesamten hinteren Bühnenbereich, davor ist das doppelte Orchester (Philharmonisches Orchester Erfurt und Thüringen Philharmonie Gotha) plaziert. Allerdings überrascht die Ausrichtung der Musiker. Das Dirigentenpult befindet sich an der linken Bühnenwand. Zwei schwarze Metallstege führen vom hinteren Bühnenraum auf beiden Seiten durch das Orchester zum vorderen Bühnenrand und verbinden sich dort zu einem Steg. Eine metallene Brücke befindet sich zusätzlich oberhalb des Orchesters in der Luft. Von dort aus besingt der Hauptmann Narraboth die Schönheit Salomes und die Juden streiten sich mit den Nazarenern um das Schicksal des Gefangenen Johannes. Die Sänger sind vorwiegend mit schwarzen Kleidern, Hosen und Hemden bekleidet, welche lediglich durch einzelne Akzente wie glänzende Rüstungsteile für die Wachen, purpurnen Umhang und goldenen Lorbeerkranz für Herodes oder ein purpurnes Kleid für Salome auftreten. Die Videoprojektion zeigt einen sich je nach Stimmung farblich ändernden Mond. Einzelne Textpassagen der Prophezeiungen Johannes‘ werden projiziert. Auch der Tanz der sieben Schleier erscheint als verführerisch-erotisches Schattenspiel auf der Leinwand.

Sänger und Orchester

Das Zusammenspiel des Philharmonischen Orchesters Erfurt und der Thüringer Philharmonie Gotha unter der einfühlsamen und gleichzeitig prägnanten Leitung des Erfurter GMD Walter E. Gugerbauers kreierte ungewohnt starke atmosphärische Momente und Nerven zerreißende musikalische Stimmungen, welche die sezierte Psyche der Protagonisten teilweise mit beinahe bestialischer Leidenschaft und Klanggewalt tonal unterstützte. Dabei wurden die Sänger aber in keiner Weise dynamisch überwältigt, sondern in ihrer dramatischen Gestaltung bestärkt. Die  gute Textverständlichkeit des Ensembles ist lobenswert. Zunächst verführt Richard Carlucci (Narraboth) mit seinem geschmeidigen Tenor den Zuhörer und wird durch den ausdrucksstarken und leidenschaftlichen Gesang der Altistin Carolina Krogius (Page/Sklave) ergänzt. Wolfgang Newerla (Johannes) wird dem darstellerischen und stimmlichen Ernst seiner Rolle durchaus gerecht. Die dramatische Sopranistin Ruth-Maria Nicolay entspricht der technisch anspruchsvollen Titelpartie in außergewöhnlichem Maß. Mit scheinbarer Leichtigkeit beherrsch sie sowohl die zarten, einfühlsamen Momente als auch die bis zu veristischem Sprechgesang und obskurer Tiefe übergehenden Passagen ihres Charakters. Vor allem der Schlußmonolog wird durch ihre darstellerische Umsetzung der gestörten Psyche Salomes und ihrer starken Bühnenpräsenz zu einem der Höhepunkte dieses Abends. Zusätzlich bereichert wird das Sängerensemble durch die überzeugende Charaktergestaltung und sängerische Leistung Robert Wörles (Herodes). Seine Darstellung läßt vergessen, daß es sich nur um eine konzertante Aufführung handelt. Die Mezzosopranistin Stéphanie Müther (Herodias) rundet das Trio der königlichen Psychosen mit ihrer kraftvollen und zu erstaunlicher Dramatik ausbrechenden Stimme ab. Nur in der Darstellung fehlte ihr ein wenig Natürlichkeit.

Fazit

Die halb szenische Aufführung beweist, daß es nicht immer pompöser Bühnenausstattung und, um es mit E.T.A. Hoffmanns Worten zu sagen, unnötigen „Flitterstaat“ benötigt um den wesentlichen Inhalt und dramaturgischen Ideen einer Oper zu vermitteln. Manchmal ist weniger eindeutig mehr und war in dieser Premierennachmittag rundum gelungen.

Josephin Wietschel

Bild: L. Edelhoff

Das Bild zeigt: Ruth-Maria Nicolay (Salome) lauscht den Worten Wolfgang Newerlas (Johannes) re., während Richard Carlucci (Narraboth) auf dem Steg, Máté Sólyom-Nágy (1. Soldat) re., Gonzalo Simonetti (2. Soldat) und Carolina Krogius (Page/Sklave) beide li. die beunruhigende Szene beobachten.

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