RINALDO – Coburg, Landestheater

von Georg Friedrich Händel (1685-1759), Dramma per musica in drei Akten, Libretto: Giacomo Rossi, nach einem Szenarium von Aaron Hill, nach dem Epos La Gierusalemme liberata (1575) von Torquato Tasso, UA: 24. Februar 1711 London, Queen’s Theatre Haymarket

Regie: Jakob Peters-Messer, Bühne: Markus Meyer, Kostüme: Sven Bindseil, Choreographie:   Mark  McClain

Dramaturgie: Susanne von Tobien

Dirigent: Roland Kluttig, Philharmonisches Orchester Landestheater Coburg, Cembalo: Ralf Waldner

Solisten: Roland Schneider (Goffredo), Marie Smolka (Almirena), Verena Usemann (Rinaldo), Hayley Sugars (Eustazio), Sofia Kallio (Armida), Benjamin Werth (Argante), Rainer Scheerer (Ein Magier), Gabriele Bauer-Rosenthal (Sirene), Tomomi Fujiyama (Sirene)

Besuchte Aufführung: 16. Juni 2012 (Premiere)

Kurzinhalt

Belagerung Jerusalems um 1100 während des ersten Kreuzzugs: Goffredo, der General der christlichen Armee, steht im Kampf gegen die Sarazenen. Er hat dem Helden Rinaldo zur Belohnung die Hand seiner Tochter Almirena versprochen, sollte er siegreich zurückkehren. Der gegnerische König Argante hat eine mächtige Verbündete, die Zauberin Armida. Sie entführt Almirena und versucht, Rinaldo in ihre Gewalt zu bringen, um den Krieg zu beenden. Sie lockt ihn auf seiner Suche nach der Geliebten in ihr Zauberreich und bemüht sich mit allen Mitteln, ihn zu verführen – vergebens. Mit Hilfe eines Magiers wird das Liebespaar schließlich befreit, Rinaldo erringt den Sieg und Armida und Argante konvertieren zum Christentum.

Aufführung

Die Vorstellung beginnt vor dem Vorhang, als die Kreuzritter mit blutbefleckten Schwertern vom Schlachtfeld zurückkehren. Sie tragen eine stilisierte, rot-weiße Uniform mit goldenem Panzer und Engelsflügeln, die Gesichter sind puppenhaft geschminkt. Almirena hat einen Heiligenschein im Haar. Der Übergang zum tatsächlichen Bühnenbild wird durch eine weiße Zwischenwand mit einer sechsfachen Tür-in-der-Tür gestaltet. Auch das Bühnenbild spielt mit der optischen Wahrnehmung: Es zeigt eine tiefe Röhre mit schwarz-weißem Hahnentrittmuster. Passend dazu sind die Kostüme von Armida und Argante in silbrigem Grau gehalten, dazu werden beide von jeweils zwei grauen Furien begleitet. Es gibt wenige Requisiten, die aber bewußt eingesetzt werden. Zentral ist außerdem ein mobiles Spiegelkabinett, mit dem die Verwandlungen bewerkstelligt werden.

Sänger und Orchester

Das Orchester unter dem energischen Dirigat von Roland Kluttig musizierte hoch konzentriert und wunderbar transparent. Die Musiker waren selbst den oft recht zügigen Tempi gewachsen und ließen zu keiner Zeit die Leichtigkeit im Spiel vermissen. Alle Instrumentalsolisten bewiesen ihre große technische Versiertheit und traten in reizvollen Dialog mit den Sängern. Explizit seien hier das gleichermaßen einfühlsame wie virtuose Spiel von Ralf Waldner (Cembalo), die brillant und couragiert blasenden Trompeter sowie der überragende Solo-Flötist genannt. Das Geschehen auf der Bühne wurde nie zugedeckt, da das dynamische Verhältnis ausgewogen war. Die Kommunikation zwischen Bühne und Graben zeugte von einfühlsamer Aufmerksamkeit. Die Sänger waren tadellos einstudiert, allen voran Marie Smolka (Almirena): Sie glänzte mit weicher, flexibler Stimme, die in den höheren Registern und bei allen Koloraturen ihre Zartheit und dynamische Bandbreite behielt. Die Arie Lascia ch’io pianga – Laßt mich weinen (2. Akt) wurde zu einem intimen Moment, worin Maria Smolka die tiefe Trauer berührend darstellte. Einer der Höhepunkte war das Duett Fermati! – No, crudel! – Hör auf! – Nein, Grausamer! (2. Akt) zwischen Almirena und Rinaldo. Voller Dramatik aber mit stets kontrollierter, intonationssicherer und schöner Stimme brillierten beide in den virtuosen Passagen. Verena Usemann (Rinaldo) besaß eine klare Stimme mit guter Klangzentrierung in der unteren Oktave und einer warmen, runden Höhe bei erstaunlicher Kondition: Die Arie Venti, turbini, prestate – Winde, Stürme (1. Akt) erregte spontane Bravo-Rufe. Ein besonderer Genuß war Roland Schneiders Goffredo. Die Stimme des Countertenors besaß allerlei stimmliche Farben und war klangvoll, wenn auch mit vielleicht etwas starkem Vibrato, fügte sich jedoch gut in das Ensemble ein. Benjamin Werth stellte einen eindrucksvollen Argante dar mit einer starken, manchmal etwas zu lauten Stimme, die sich allerdings in den Rezitativen und Koloraturen durchaus von ihrer klangschönen Seite zeigte. Mit fast schon dämonischer Energie gestaltete Sofia Kallio die Partie der Armida. Die Sopranistin glänzte mit einer großen dramatischen Vielseitigkeit, welche kleine stimmliche Unsicherheiten im Bereich der Spitzentöne sofort vergessen ließ: Es gelang ihr, sämtliche Facetten in der Entwicklung der Zauberin ausgesprochen berührend darzustellen, was wohl auch ihrem eher dunklen Timbre zuzuschreiben war.

Fazit

Jakob Peters-Messer ist mit diesem Rinaldo ein kleines Meisterwerk gelungen: Kurzweilig, unterhaltsam und tiefsinnig zugleich, mit berührenden Bildern und starken Sängerleistungen liefert diese Inszenierung eine Barockoper, die begeistert. Das Premierenpublikum lohnte dies mit langanhaltendem, frenetischem Beifall für alle Beteiligten.

Laura Knoll

Bild: Andrea Kremper

Das Bild zeigt: Benjamin Werth (Argante), Sofia Kallio (Armida)

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